Clara Viebig Clara Viebigs erster Roman »Wildfeuer« erschien unter Abkürzung
ihres Vornamens als C. Viebig im Oktober und November 1896
in 66 Fortsetzungen in der Berliner »Volks-Zeitung«. Der Roman
»Wildfeuer« ist weder zu Lebzeiten Clara Viebigs noch danach als
Buch erschienen. Erst jetzt wird er mit dieser Ausgabe wieder einem
breiten Publikum zugänglich gemacht.
In »Wildfeuer« bleibt Clara Viebig nicht bei den engen Grenzen
eines Trivialromans und einer nationalistischen Grundhaltung. Sie
sprengt sie, indem sie auf den zweiten Blick gerade die slawische
Protagonistin ungleich differenzierter zeichnet als ihr deutsches
Pendant. Während Annie ein erwartbares, wenig ereignisreiches
und immobiles Dasein auf dem Lande führt, schöpft Bronislawa
im Guten wie im Schlechten aus der Fülle des Lebens, lernt Südeuropa
und damit die große weite Welt kennen. Zwar wachsen beide
Mädchen ohne Mutter auf, aber dieses Aschenputtel-Motiv gestaltet
Clara Viebig bei beiden gänzlich unterschiedlich aus. Die Spiel- und
die Trunksucht ihres Vaters, der frühe Verlust ihres Geliebten und
die Härte der Verhältnisse lassen Bronislawa zu einer starken und
selbstbewussten Frau reifen, während Annie keine solch facettenreiche
Entwicklung durchmacht, sondern zum Anhängsel ihres
künftigen Ehemanns wird. Am Ende scheitert Bronislawa zwar
an ihrem Schicksal, Annie aber tritt in ein ereignisloses Eheleben
ohne Höhen und Tiefen ein. Der Leser mag entscheiden, was erstrebenswerter
sei.clara
Genres:
191 Pages